Montag, 8. November 2010

Kapitel 4
Himo-aw

Aus dem Ressort rechts heraus, nach einiger Zeit nochmal rechts und dann durch Hilongos hindurch, weiter aus der Stadt heraus bis bis die Straße in einen Sandweg übergeht, dann rechts abbiegen und schon sind wir da...
Irgendwie kann ich hier weder Geschwindigkeit noch Entfernung abschätzen.Das Gefährt knattert vor sich hin und wir kommen gemütlich rechts, links und durch die Mitte vorbei an Pedicabs, Fußgängern, langsameren Tricycles und Mopeds.
Ich staune über das funktionierende Chaos...und mir stellt sich nur einmal an einer etwas größeren Kreuzung die Frage...Wie kann das gut gehen?....Ich lasse mich in Sachen Verkehrsregeln ein wenig aufklären...der Unterricht ist schnell beendet, denn eigentlich gibt es da gar nicht viele...wichtig für mich zu wissen...es gibt so etwas wie Rechts vor Links...aber auch nur so halb, da es darauf ankommt wer gerade schneller oder mit dem größeren Gefährt unterwegs ist....
Wir sind etwa eine viertel Stunde unterwegs...wahrscheinlich sind es etwa fünf Kilometer...aber wer will das schon wissen...hier läuft ja beinahe Niemand mehr als ein paar hundert Meter....

Da sind wir nun, das erste Mal stehe ich nun an dem Ort wo mein Schatz Zuhause ist...
Und ich bin begeistert...was für ein schönes Fleckchen Erde...

Na dann mal rein in die gute Stube...schön die Schlappen vor der Türe aus wie alle anderen auch..und schon gibt’s die erste Schimpfe von Muttern...ich soll meine Schlappen anbehalten...nix da,die sind sandig, entgegne ich und gratuliere ihr erst mal zum Geburtstag...

Anschließend werde ich durch das Haus geführt...richtig schön eingerichtet, hier und da noch was zu machen aber viel besser als ich es erwartet hatte...
In der Küche liefen die Vorbereitungen für das Geburtstagsessen und der ein und andere Verwandte traf ein um zu Gratulieren und um mich in Augenschein zu nehmen...
Teilweise war mir das schon etwas peinlich, denn auch ich wurde sehr häufig von den Kindern mit dem „Amin ko“ begrüßt und war für alle jüngeren Kuja Robert...

..ein paar Stunden und etwa 50 Onkel, Tanten, Neffen, Nichten, Cousin und Cousinen weiter wurde ich nach draußen gerufen.... der Bruder hatte mir ein Moped vom „Moslem“ besorgt...eine schwarze Honda XRM 125... dieser wollte nun allerdings die 120 Peso per 12 Stunden haben, naja dachte ich, ob jetzt 2 oder 4 Euro am Tag, doch da hatte ich die Rechnung ohne die Mutter gemacht...diesmal sagte sie..nix da!, das Motorrad wird Morgen wieder zurück gebracht. Und ich bekomme das vom anderen Bruder zum fahren...gleiches Modell, andere Farbe...niemand widersprach...und ich erst recht nicht....

Aber da nun das Moped da stand drehte ich mit meinem Schatz mal ne Runde in die Stadt....an die Schaltung musste ich mich zu erst einmal gewöhnen, wahrscheinlich dachte mein Sozius ich hätte meinen Führerschein im Lotto gewonnen....aber wieso baut man ne Schaltung ohne Kupplung, und dann noch entgegengesetzt zu allen „ normalen“ Motorrädern auf der Welt!?
Auf dem Weg in die Stadt hielten wir an einigen Häusern und Shops um mich noch weiteren Verwandten und Bekannten vorzustellen...ich hatte schon längst den Überblick verloren wer in welchem Grad mit wem Verwand ist...
Aber egal, Jeder war freundlich und ich hatte den ein oder anderen netten Smalltalk...Wo komm ich her, wie gefällt es mir hier, was für eine gute Frau ich doch erwählt hätte...das waren so die wichtigsten Themen...der oder die ein oder andere eher schüchtern mangels Englischkenntnissen, aber ich habe nur sehr selten so nette Menschen getroffen....

In Hilongos selber ging es dann in....... also hier würde man Pommesbude sagen,aber das trifft es natürlich nicht.....Bude ja, Pommes eher nicht....
Jedenfalls gab es da Barbecue.... also Stücke Schwein, Rind, Hähnchen... und das alles am Spieß...wie wir das so vom Schaschlik kennen...Wir bestellten 20,20,20...und es wurde über Tröge mit Holzkohle oder Kokusnussschalen fertig gegrillt und in Tüten verpackt....unser Beitrag zum Geburtstagsessen....dabei fiel mir auf das eigentlich alles in Tüten verpackt wird...ob nun Fleisch, Gemüse oder Suppe.... selbst Getränke gibt’s in der Tüte....Strohalm rein und runter die Cola...Irgendwie doch praktisch....
Nach unserem Einkauf trafen wir zufällig und glücklicherweise die ältere Schwester, extra angereist aus Ormoc City...Sie wartete gerade auf das familieneigene Tricycle...
Es folgte eine herzliche Begrüßung, sie war eine der wenigen Verwandten mit denen ich schon vorher über Facebook Kontakt hatte und somit schon ein wenig kannte.
So wurden wir dann auch unsere doch schwere Tüte mit dem ganzen Grillfleisch los...und fuhren schon mal vor nach Hause...

Uns erwartete schon ein reges treiben, draußen, drinnen, alles voller Leute....für mich ein Riesenvorteil, denn so konnte ich fast die gesamte Verwandtschaft und Nachbarschaft an nur einem Tag kennen lernen...effektive Familieneinführung sozusagen!
Das Essen war aufgetischt...und alle waren fröhlich...auch ohne Alkohol! Was habe ich doch ein Glück mit dieser Familie....

Spät am Abend, es war schon längst dunkel...verabschiedeten wir uns von allen und machten uns wieder auf den Weg ins Leopards....
Ich fuhr also das erste mal bei Nacht, hier in Deutschland nichts ungewöhnliches, aber dort ein Abenteuerliches Unterfangen...Es schien mir nicht nur Dunkel zu sein, sondern Stock-finster, das Licht am Moped glich eher einer Funzel....und so bekam die Fahrt etwas von einer Tarnfahrt der Bundeswehr bei Nacht...Mit äußerster Konzentration schaffte ich es fast um all Schlaglöcher herum, entwischte jedem sich auf Konfrontationskurs befindlichen Vehikel des Gegenverkehrs...selbst dem ohne Beleuchtung...erspähte Menschen und einige Hunde ca. 10 Meter im voraus, umkurvte diese geschickt und konnte sogar einige Pedicabs mit und ohne Licht überholen...ich war froh das Schild und die Einfahrt des Ressorts erreicht zu haben.....
...Philippinenfahrtauglichkeitstest bestanden würde ich mal sagen....

Jetzt noch ne schöne kalte Dusche und ab ins Bett.....

3 Kommentare:

  1. Sehr schön geschildert, mit viel Gefühl gespickt und witzig obendrein. Kompliment!

    Ja Hilongos und das Leopards die kenne ich auch. Das Leopards habe ich zwar anders in Erinnerung, wobei ich nicht weiß ob ich das anders empfinde, da ich schon ein paar Jahre hier wohne oder ob es nun endlich einen anderen Besitzer hat. Aber vielleicht bieten Deine Schildungeren ja noch weitere Einblicke ...

    Schön wie Du die "Restaurants" und die Essgewohnheiten beschreibst, die Fahrt auf dem Tricycle, die Nachtfahrt hahaha habe das genau so mit dem Auto erlebt, den Hafen etc. Ja Leyte hat was: ein ganz besonderer Charme, der Banalitäten adelt! Und das meine ich aufrichtig und ehrlich.

    Bin sehr auf Deine Fortsetzung gespannt ...
    Danke.

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  2. Mein Gott, was habe ich mich gefreut und amüsiert. Es ist wunderbar, wie Du all die Andersartigkeiten darstellst. Das ganz Normale dort als Besonderheit herausarbeitest. Ich wollte das könnte ich auch. Fast alles entspricht meiner Wahrnehmung bei meinem ersten 9-Tage-Aufenthalt in Metro und Provinz. Beschreiben kann ich es leider nicht mehr so einfach wie Du, dazu bin ich viel zu sehr "drin". Zu spät also für das frische erste Erstaunen wie bei Dir, und viel zu früh für die wunderbare innere Distanz, mit der Stevaro das alles schon für sich und für uns alle und unseren Nutzen geordnet, verstanden und erklärt hat.

    250 Straßenkilometer trennen Deinen Ort der Bestimmmung von dem Geburtsplatz meiner zukünftigen Ehefrau, sie wurde "nur" 250 km weiter nördlich, in Caibiran auf der Insel Biliran (nördlich der Nordspitze von Leyte) geboren. Fall Du im Frühsommer wirklich zu userer Hochzeit dorthin kommen wolltest: Täusche Dich nicht! Ich kenne nur die (relativ gute) Straße von Tacloban nach Caibiran/Biliran, über Leyte-Stadt, insg. "nur" 110 km. Das sind 5 Stunden, wenn's gut geht. 12 Stunden auf der Straße müsstest Du schon kalkulieren von Hilongos aus.
    Falls wir doch in Quezon City heiraten sollten: Da wärst Du mit dem Flieger schneller. Na ja, von Hilongos aus vielleicht auch nicht viel schneller.

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  3. Da fühle ich mich aber mal geehrt! Besten Dank! So viel Lob in zwei Kommentaren!....Könnt ich ja schon mal drüber nachdenken ob ich Sönke Wortmann das Skript später mal lesen lasse...

    Ich denke aber auch... genau Jetzt ist der Richtige Zeitpunkt zu Schreiben...Wie heißt es doch... Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance....
    Und wenn ich im Februar zurückkomme sehe verschiedenes wahrscheinlich auch schon etwas anders.
    Natürlich habe ich auch Stevaro´s wunderbares Werk gelesen. Hört sich zwar jetzt nach Schleimerei an, aber das hat mir überhaupt erst den Anstoß gegeben meine Geschichte so nieder zu schreiben und manchmal ist es sogar schwierig das jetzige Hintergrundwissen um so mancher Dinge außen vor zu lassen...

    Übrigens,von Hilongos soll man mittlerweile recht schnell überall hin kommen, der neue Bürgermeister hat den Flughafen wohl etwas auf Vordermann gebracht...werde mir das nächsten Monat mal anschauen...
    Frühsommer allerdings hört sich so nach Anfang Juni an, werd ich wohl nicht schaffen...mein nächster Trip hängt da etwas vom Deutsch Examen und FZV ab.

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